Geht es endlich los mit der Öffnung des Fußgängertunnels zum Sonnenberg? Werden bald unsere Wege
zu den Zügen und zum Zentrum verkürzt? Startet danach die Sanierung der Bazillenröhre?

Als Mitte April die ersten Erdhaufen am Bahnhof sichtbar waren und der Verkehr auf der Dresdner Straße gegenüber der Gießerstraße auf zwei Spuren verengt wurde, tauchten diese Fragen auf. Könnte es wirklich losgehen mit der Baustelle? Die Stadt vermeldete in ihren Baustellenlisten nur, dass eine Baustraße vorbereitet würde, aber nicht, wozu. Ob wirklich so ein heiß ersehntes Projekt einfach startet ohne Presseinformation oder dass etwa dem Stadtteilmanager Bescheid gesagt wird?

Da wollten wir uns einbringen und selbst zu einer ersten Feier aufrufen. „Lange hat der Sonnenberg dafür gekämpft. Zeigen wir, dass wir da sind!“ schrieb ich. Und um die dreißig Leute kamen, sowohl alte Mitstreiter als auch neue Interessierte, die auch durch die voraus gegangenen Veröffentlichungen in der Freien Presse und bei Radio Chemnitz davon erfahren hatten.

Stephan Weingart

Die Diskussion um die Bahnhofsquerung ist 150 Jahre alt. Stephan Weingart, der dazu als Mitglied der AG Sonnenberg-Geschichte eine umfangreiche Ausarbeitung veröffentlicht, zitierte aus einem Dokument aus dem Stadtarchiv vom Dezember 1905, als der Personentunnel gebaut wurde. Zur „Wegeabkürzung für die Bewohner der Ostvorstadt“ – also des Sonnenbergs – „war der Wunsch aufgetaucht, oben genannten Tunnel bis zur Dresdner Straße auszubauen und auf diese Weise einen direkten Zugang zu den Bahnhofsanlagen zu schaffen. Ein … in dieser wichtigen Angelegenheit an das Königl. Finanzministerium gerichtete Gesuch wurde leider aus finanziellen und betriebstechnischen Gründen abgelehnt. Man hat sich mit diesem abschlägigem Bescheide … ‚einstweilen‘ zufrieden gegeben, wird aber jedenfalls erneut versuchen, letzteres von der Wichtigkeit dieses Projekts dennoch zu überzeugen.“ – „Und wenn auch die Überzeugung etwas länger gedauert hat als gedacht, können wir doch froh sein, dass aus dem Projekt etwas wird“, setzte er hinzu und dankte speziell den Grünen für den Einsatz der vergangenen Jahre.

Da stand erst einmal die Sanierung der Bazillenröhre im Vordergrund, die Volkmar Zschocke als Stadtrat 2006 einforderte. Seitens der Stadt wurde dann die Bahnsteigtunnel-Verlängerung statt der Bazillenröhre in den Blick genommen.

Dazu lud das Stadtteilmanagement 2011 zur Bürgerversammlung ein (Bericht in der Stadtteilzeitung). Die Röhre zu schließen, traf auf Widerstand nicht nur der Radfahrer. Doch die Stadt schien weiter daran festzuhalten.

Auch durch einen Vororttermin mit Volkmar Zschocke als Kandidat für die Oberbürgermeisterwahlen im Mai 2013 erinnerten die Bürgerinnen und Bürger an ihre Wünsche. Wir gingen gemeinsam in den Tunnel und standen vor der Fluchttür. Dann im Oktober 2013 stand fest: Beide Wege werden erhalten.

Zur Sanierung der Bazillenröhre lud ich ein zu einer Bürgerbegehung im März 2014 vor den letzten Kommunalwahlen. Was sind die Ideen und Wünsche? Wer will sich beteiligen? Diese Personen gaben mir ihre E-Mail-Adressen.

Am 9. Mai 2014 in der Einwohnerversammlung wollten wir unsere Wünsche nach Bürgerbeteiligung deutlich machen. Dazu hatten zwei Künstler aus der Gruppe, Dymtro Remestvensky und Sebastian Nikolitsch, ein buntes Pappmodell der sanierten Röhre gebastelt. Es funktionierte, die damalige Baubürgermeisterin Petra Wesseler lud uns zu einem ersten Workshop ein. Hellfried Malech bereitete eine Präsentation vor, auch mit den Anregungen des  Formgestalters Karl Clauss Dietel, welcher auch schon immer die Barriere der Gleise bemängelte.

1. Workshop September 2014 mit Präsentation

Dabei kam auch der Aspekt zur Sprache, nicht beide Zuwege gleichzeitig wegen Baumaßnahmen zu schließen. Es musste also eine Maßnahme vor der anderen erfolgen.

2015 – zuletzt mit dem neuen grünen Baubürgermeister Michael  Stötzer – wurden in zwei Workshops die Ziele konkretisiert und ein Entwurf ausgewählt.

2. Workshop August 2015 „Licht nur am Ende des Tunnels?“

3. Workshop Dezember 2015 mit dem Siegerentwurf

Im Oktober 2016 wurde die Bazillenröhre wegen Lichttests gesperrt.

Wie schon die langen Zwischenräume zwischen den einzelnen Berichten zeigen, war immer wieder Funkstille. 2014-2016 wurde das Stadion gebaut, mit ständiger Medienbegleitung. Unvorstellbar, dass da erst nachgefragt werden musste, wie weit der Bau ist.

„Wie weit ist die Bazillenröhre?“ fragte der Stadtteilrat im März 2017. Ein Mitarbeiter der Stadt gab Auskunft. Im Dezember 2017 schrieb der Stadtteilrat dazu einen Brief und veröffentlichte die Antwort. Hier wurde 2018 als Termin für die Durchgängigkeit des Bahnsteigtunnels genannt.

Ohne direkte Information in den Stadtteil wurden 2018 auch die ersten Maßnahmen zur neuen Linienbusführung getroffen. In der Baumfäll-Liste tauchte ein Baum am Ende der Gießerstraße auf, mit der Begründung der neuen Haltestelle der Linie 21. Wir wurden aufmerksam. Stadtrat Bernhard Herrmann nahm die Pläne mit in die grüne AG Stadtentwicklung und half dann, im Januar 2018 ein erneutes Bürgerforum zu organisieren. Tiefbauamtsleiter Bernd Gregorczyk erklärte dort auch, dass die Verhandlungen mit der DB so lange und schwierig waren.  Hier der Bericht darüber. Für die Buslinienführung waren noch zwei weitere Runden nötig, auch im Yorckgebiet. Dann wurde ein Einbahnstraßen-Kompromiss gefunden  hinsichtlich Fahrtzeit und Belastung von Straßen durch die Durchfahrten.

Inzwischen hatte sich die Sorge bestätigt, dass keine Baufirma ein Angebot abgibt, so dass 2018 nicht mehr gebaut werden konnte.

Dann tauchte das Projekt auf der Tagesordnung der Ausschüsse und des Stadtrats im März 2019 auf, denn inzwischen war es teurer gworden. Mit einer umfangreichen Vorlage musste das Baudezernat die zusätzlich benötigten 770.000 Euro beantragen. Gut, dass das gelang. „Das Projekt drohte auf ein Abstellgleis zu geraten„, wie Stadtrat Bernhard Herrmann meinte. In der Begründung wurde beschrieben, dass die Verlängerung der Fußgängerunterführung bis zur Dresdner Straße Voraussetzung für die weiteren Entwicklungen im Umfeld des Hauptbahnhofes sei: wie der Neubau des Fernbusterminals, die Verlagerung des Busbahnhofes auf den Bahnhofsvorplatz sowie die weitere Umsetzung des beschlossenen Nahverkehrsplanes mit der Verlegung der Haltestellen.

Die Bazillenröhre wurde nicht eigens erwähnt. Ein extra Grund, sich als Bürgerinnen und Bürger aktiv zu zeigen. Zum einen mit der Freude über den kürzeren Fußweg, den Aufschwung des Sonnenbergs durch den neuen Bahnhofsausgang. „Ich habe 15 Jahre davon geträumt“, sagte Dmytro Remestvensky, vor allem, seit er seit drei Jahren täglich mit der Bahn zu seiner Arbeit pendelt. 15 Minuten Lebenszeit wird er schätzungsweise jeden Tag einsparen.

Zum anderen mit dem weiteren Engagement für eine sichere, hell und kreativ sanierte Bazillenröhre als Teil einer schnellen Radstrecke von der Chemnitz bis in den Zeisigwald.

Katharina Weyandt

Danke an Eckart Roßberg und Bernhard Herrmann für die Bilder!