Backstage mit Olivia Thiele
Wir treffen uns mit ihr im neuen Tanzsaal der Tanzgemeinschaft Saphir Chemnitz e.V.
Die neue Location in der Hainstraße 139 wurde rein zufällig gefunden, aber schon bewusst gesucht, da die Tanzgemeinschaft ihre Wurzeln auf dem Sonnenberg hat und gern hier bleiben wollte. Früher war hier eine Discothek beheimatet. Zukünftig wird es zwei Tanzsäle geben und eine gemütliche Ecke mit guter Aussicht geben, in der wir uns gerade befinden. Der kleine Saal wird gerade durch fleißige Eigenleistung der Mitglieder renoviert und bis Anfang Oktober fertiggestellt. Und wie wir sehen, fehlt nicht mehr viel. Die Fantasie lässt aber erahnen, dass hier ein attraktiver Saal mit Atmosphäre entstehen wird. Nach einer avisierten Silvesterparty im kleinen Clubkreis ist die offizielle Eröffnung beider Tanzsäle Anfang 2013 geplant. Einladungen werden rechtzeitig versendet, versichert uns der Kassenwart, der zwischenzeitlich einige Instandsetzungsarbeiten im großen Saal erledigt und gerade mal auf einen Sprung hereingekommen ist.
Wir haben in unserem Gespräch mit Olivia Thiele ihre persönlichen und sportlichen Etappen versucht nachzuzeichnen und sehr viel zu ihrer Passion, dem Tanzen und dem sympathischen Umgang mit Menschen erfahren. Vorweg gesagt, es gibt vieles Überraschendes, wie die Teilnahme an Weltmeisterschaften zu berichten oder den stattgefundenen flashmob im Stadtteil. Aber step by step.
Mittels einigen Stichworten bewegen wir uns in unserem Gespräch, nicht in mäßig schnellem Slowfox sondern eher in Hip-Hop-rasendem Tempo von einem Thema zum anderen. Grundstellung und los geht es:
AUSBILDUNG und TANZTrainerin
Momentan macht Olivia eine Ausbildung als Physiotherapeutin an der Fortis-Akademie Chemnitz, derzeit ein 10-wöchiges Praktikum im Klinikum Chemnitz.
Die familiären Wurzeln hat die Familie Thiele auf dem Sonnenberg. Der Vater, gleichzeitig auch ein begeisterter und „begnadeter Tänzer“ hat auf dem Sonnenberg gewohnt und ging selbst in die Lessingschule. Hier hat er später Kindertanzgruppen betreut. So kamen dann auch Olivia und ihre jüngere Schwester Emily mit gerade mal 5 Jahren zum Tanzen. Bei Olivias ersten großen Tanzauftritt stand sie mit ihrer Freundin auf dem Parket und präsentierte einem Publikum von rund 100 Leuten einen Walzer.
Schon mit 16 Jahren hat sie ihre C-Trainerlizenz erworben. Zur Information für ambitionierte, angehende TrainerInnen: Man lernt als Trainer beides, Damen- und Herrenschritte. Dazu gehört nicht nur Leidenschaft und ein starker Wille, sondern vor allem eins: Talent, das nötige Tanzfeeling zu vermitteln.
„Tanzen muss Freude bereiten und darf nicht nur stur akademisch, streng nach Lehrbüchern ausgerichtet sein“. Das ist ihr Credo und Basis für die Zusammenarbeit mit den Nachwuchstänzern.
Als Trainerin hat sie sich inzwischen einen Namen gemacht. Sie wurde als Wertungsrichterin bei „Dance-Contest“ angefragt und kann ihr Wissen der tausend Tanzschritte jetzt professionell anwenden.
Stichwort: Weltmeisterschaft Rollstuhltanz
Rollstuhltanz, richtig gelesen! Für Olivia war das eine der notwendigen Weiterentwicklungen in ihrem Leben. Bereits nach wenigen Probetrainings mit ihrem Tanzpartner Horst Wehner www.horst-wehner.de wurden sie als Tanzpaar in die Nationalmannschaft berufen.
Für ihre Laufbahn typisch, ging es in unverändertem Tempo weiter. Das Unmögliche machen, ist für Olivia einer der maßgebenden Antriebskräfte im Leben und so tanzten die beiden nach nur 3-monatiger Trainingszeit in St. Petersburg.
2010, gerade mal ein halbes Jahr als Tanzpaar zusammen, haben sie an der Rollstuhl WM in Hannover teilgenommen. 21 Nationen waren dort gewesen und es war ein phantastisches Gefühl. Wie sie uns schmunzelnd mitteilt, wird diese Form des Sports in unserem Nachbarland den Niederladen sogar ein wenig „kultig“ angesehen.
Netzwerke
Über die Rollstuhl-WM kommen wir zum Thema Behindertensport. Uns fällt in dem Kontext ein, dass wir mit Eberhard Langer ein Gespräch geführt hatten, in dem es auch darum ging. Wir hatten uns mit ihm über die Blindenfußballer des Chemnitzer FC’s unterhalten und berichten Olivia davon. Wir treffen auf großes Interesse, denn Netzwerke zu knüpfen ist auch für Olivia selbstverständlich. Vielleicht lässt sich da ein Austausch zwischen beiden Vereinen organisieren?
Kontinuität ist wichtig und so gibt sie samstags weiterhin Tanztraining auch für bzw. mit der Rollstuhlgruppe.
Darüber hinaus ist sie die Tanztrainerin für die ambitionierten Kids in von der Tanzgemeinschaft Saphir. Ein paar von ihnen konnten wir bei unserem gemeinsamen Flashmob am 28.06.2012 kennenlernen. Das Video wurde schon öfters von den Mitgliedern bei youtube angesehen. Bravo.
Stichwort: Sonnenberg
Den Sonnenberg kennt Olivia nicht in der Gänze, wie sie einräumt. Aber in dem Dreieck: Lessingschule, Dresdner Straße und der Hainstraße kennt sie sich inzwischen aus. Ein wichtiger Pluspunkt ist für sie, dass man abends noch schnell etwas einkaufen kann. Denn nach dem Training bleibt meistens nur dafür eine halbe Stunde Zeit. Und obendrein, von der Hainstraße bis zur Sachsenallee ist es nur ein Katzensprung.
Vom Charakter her ist für sie der Stadtteil doch sehr belebt und vielschichtig. Gleichzeitig zeichnet er sich mit einem hohen Anteil an Grün aus. Sie empfindet die abgerissenen und maroden Häuser nicht unbedingt als schlimme Erscheinung, sondern betrachtet sie als Chance für „Neues“. Und wenn man denkt, dass es woanders nicht so aussieht, weit gefehlt. In St. Petersburg gibt es diese baulichen Lücken genauso, nur noch etwas dunkler, versichert sie uns.
Olivias Wünsche für den Sonnenberg und damit seine Perspektiven sind:
– viele weitere engagierte Leute
– Entwicklung zu einem reizvollen, bunten und lebendigen Wohngebiet für Menschen aller Altersklassen und Kulturen.
SPORTLICHER ABGANG
Eine kleine Belohnung erhalte ich auf mein Nachfragen. Wir wollen ja nicht nur über den Tanzsport reden, sondern ich möchte mal das Tanzen in den heiligen Hallen probieren: Olivia probiert mit mir, einem leidenschaftlichen Möchtegern-Tänzer, ein paar choreografische Übungen des Tangos.
Fazit: Mit ihr als sympathische Tanztrainerin würde ich zwar nicht Flügel bekommen, aber auf den Brettern, die die Welt bedeuten können, den schönen Sport schneller erlernen.
Olivia, vielen Dank dafür ebenso für das sportive Gespräch. Wir wünschen ihnen, dass sich noch mehr Leute vom Sonnenberg und Umgebung dem Tanzsport anschließen werden. Denn eins ist sicher: Sport verbindet und macht in der Gemeinschaft noch mehr Spaß und die neuen Räume der TG Saphir laden dazu jeden ein!
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